Russland 2008 (Teil 3)
Eine nicht ganz alltägliche Reise: mit dem Motorrad nach Rußland im Juli 2008.
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Eigentlich sollte es dann weitergehen nach Leningrad, äh Sankt Petersburg. Aber unterwegs an einer Tankstelle war Volkers DR anderer Ansicht und brauchte erst diverse Schiebungen, Schleppereien und sonstige Starthilfe, bis sie wieder lief.
Anjas BMW hatte sich das angesehen und beschlossen "nicht mehr anspringen, das kann ich auch". Also hieß es erstmal die Einspritzdüsen untersuchen (die links und rechts deutlich unterschiedlich spritzten,
aber ohne daß einer der Beteiligten sagen konnte, welche der beiden Seiten recht hat), Luftfilter, Zündkerzen usw. prüfen - ohne erkennbaren Erfolg.
In derartigen Fällen springt dann gerne die Buschtrommel an, und nach einer guten Stunde war Oleg (mit Goldwing) zur Stelle.
Nach diversen weiteren Untersuchungen meinte er, das Benzin von dieser Tankstelle tauge wohl nichts und müsse raus ...
... um anschließend einen Kanister aufzutreiben und Benzin von einer anderen Tankstelle zu holen.
Als das (und nochmal einiges mehr) immer noch nichts half, steckte er die beiden Nicht-BMW-Fahrer erstmal in ein örtliches Hotel, fuhr heim, und kam mit einem Transporter wieder, um die streikende BMW samt Fahrerin nach Moskau zu schaffen (knapp 200
Kilometer entfernt). Ob das nicht besser auf morgen am Tag zu verschieben wäre? Ach was, nachts sei viel besser zu fahren, weil weniger Stau.
Kurz bevor die BMW-Werkstatt öffnete, waren sie dort - und Anja anschließend erstmal zwei Tage (während der die BMW ein nicht näher spezifiziertes Elektronikteil und die Benzinpumpe getauscht bekam) sich selber überlassen, denn ...
... eigentlich wollten wir tags darauf ebenfalls nach Moskau zurück zu Anja, aber nach einem Unterwegshalt wollte Volkers DR erneut nicht mehr. Verschiedene Wiederbelebungsversuche (teils mit telefonischer Anleitung aus Deutschland) fruchteten nichts ...
... so daß wir schließlich "unseren" Oleg nochmals herbestellten ...
... der sich nicht lange bitten ließ (obwohl er da schon beinahe 24 Stunden ununterbrochen für uns zu Gange gewesen war - das muß man sich mal vorstellen!) und uns zur Werkstatt ins nahegelegene Twer brachte.
Die Mechaniker machten sich sofort ans Werk ...
... um nach einer Weile ein aufgeplatztes Zündspulengehäuse als Übeltäter zu entlarven.
Nun gut, meinte Alexei (der eigentliche Motorradmechaniker mit seiner Honda Big One), dann werde er die Stadt nach einem passenden Ersatzteil absuchen.
Im anderen Teil der Halle stand ein ungewöhnliches gelbes Gefährt ...
... welches sich als das (temporär in drei Teile zerlegte) längste Motorrad der Welt erwies, nämlich eine 16-sitzige Ural.
Mit der Ersatz-Zündspule wollte die DR aber ebenfalls nicht laufen. Nach weiteren Nachforschungen stellte sich das Zündsteuergerät offensichtlich als defekt heraus. Also begann Alexei, telefonisch in Moskau nach Ersatz zu suchen,
jedoch ohne fündig zu werden. Somit mußte der Schutzbrief für einen Ersatzteilversand ab Deutschland in Anspruch genommen werden. Zwischenzeitlich fand auch Anja mitsamt ihrer BMW wieder zu uns, mußte sich jedoch (wie von Anfang an abgesprochen)
direkt auf den vorzeitigen Heimweg machen. Und weil der Teileversand wg. Wochenende auch ein paar Tage dauern würde, beschlossen wir (Volker und ich) solange erstmal nach Petersburg zu fahren. Fragt sich bloß, wie?
Zu zweit auf einem Motorrad - oder (wenn wir eh wieder hierher zurück müssen, statt wie ursprünglich geplant von Petersburg aus den Heimweg anzutreten, und die Straße M10 als solche kein so furchtbar überragendes Fahrerlebnis darstellt) per Zug?
Von Twer nach Petersburg (das ist u.a. die Strecke von Moskau her) verzeichnet der Fahrplan zwar 56 Fernzüge pro Tag (abzüglich einer Handvoll Doppeleinträge für gerade vs. ungerade Tage o.ä.), aber sehr ungleichmäßig über den Tag verteilt. Die meisten
fahren nachts (aber für Nachtzüge am gleichen Abend kriegen wir keine Fahrkarten mehr, und in aller Frühe wollen wir auch nicht unbedingt los) - zwischen 7 und 20 Uhr gibt's gerade mal 5 Züge, davon der erste um 14 Uhr. Dann nehmen wir halt diesen ...
In Nähe des Moskauer Bahnhofs in Petersburg herrscht auf dem Newski-Prospekt noch normaler Verkehr.
Etwas weiter in Richtung Newa ist hingegen wg. Bauarbeiten autofreie Zone ...
... und da werden dann schonmal Frisbee-Scheiben in offenen Kanaldeckeln versenkt (unter großer akustischer Anteilnahme der Zuschauer ;-).
Die geöffneten Brücken sieht man (nur) zwischen Mitternacht und frühem Morgen.
Petersburg nach Abschaltung der Nachtbeleuchtung.
Auf der Außengalerie des Einkaufszentrums "Gostiny Dwor".
Mit Verzögerung (von mehrstündiger technischer Pause der Nahverkehrszüge über den ersatzweise, aber in falscher Richtung bestiegenen Linienbus bis hin zu einem für VIP-Gruppen reservierten Einlaßzeitraum) erreichen wir den Katharinenpalast in Puschkin.
Der damalige Hausherr hat sich's ganz offensichtlich gutgehen lassen.
Hier muß man wirklich dreimal hinschauen, um eine "historische" Persönlichkeit zu erkennen (und nicht etwa einen abfahrbereiten Motorradfahrer im Lederzeug und mit dem Helm in der Hand ;-)
Einen Katharinenpalast gibt es übrigens auch in Twer (da haben die Restauratoren aber die meiste Arbeit noch vor sich - hier im Bild ist weiterhin Puschkin!) und wahrscheinlich einer Handvoll weiteren Orten zwischen Moskau und Petersburg -
denn wenn die hohe Herrschaft von der einen Hauptstadt in die andere reiste, ging das vor gut 200 Jahren noch nicht unbedingt innerhalb eines Tages, und dann mußte man ja in den Übernachtungsetappen trotzdem anständig untergebracht sein.
Rückfahrt von Puschkin nach Petersburg per Nahverkehrszug.
Wir sind zurück in Twer - und hier am Weltkriegerdenkmal ...
... neben dem sich ein weiteres Denkmal für die Gefallenen der "moderneren" Kriege (Afghanistan und so) findet.
Alexeis kleine private Motorradsammlung.
So langsam wird Volker aber ungeduldig und versucht, beim Schutzbrief in Erfahrung zu bringen, wann und wo genau er seine Ersatzteilsendung in Empfang nehmen kann.
Zwischendurch kommt Oleg nochmal vorbei, um sich nach dem Reparaturfortschritt zu erkundigen. Ob wir denn nicht mit nach Minsk fahren wollen, wo am Wochenende ein Motorradtreffen stattfindet? Im Prinzip ja, auch wenn wir auf dem Treffen als solchem nicht
bleiben könnten (sondern wg. endendem Urlaub direkt heimwärts müßten). Aber äh, geht nicht, denn wir haben kein (unverbrauchtes) weißrussisches Visum - hier sind die Russen gegenüber Westeuropäern im Vorteil, indem sie einfach so einreisen können ...
Nachdem wir den vom Schutzbrief genannten Luftfracht-Buchstabensalat in einen konkreten Flughafen dechiffriert hatten, war also eine weitere Fahrt nach Moskau fällig. Die direkte Abzweigung von auswärts zum Flughafen wurde aber zugeschüttet
(bzw. dem stadteinwärtigen Verkehr als zusätzliche Fahrspur zugeschlagen). Um tatsächlich hinzukommen, muß man sich auf unbeschilderte Pfade durch einen Einkaufszentrumsparkplatz hindurch (oder auf noch größere Umwege) begeben.
Ungefähr im dritten aufgesuchten Gebäude (weder Scheremetjewo-2 noch Scheremetjewo-Cargo sind richtig) erfahren wir schließlich, daß das Flugzeug zwar am Boden, aber dessen Inhalt noch nicht am Terminal angekommen sei.
Bevor wir dann völlig sinnentleert am Schalter warten, fahren wir doch lieber nochmal ein kurzes Stück zurück ...
... und werfen ein paar Blicke in dieses riesige (am 10. Dezember 2004 eröffnete) Einkaufszentrum.
Die Frachtpapiere bekommen wir dann auch - aber zur eigentlichen Sendungsabholung braucht's nicht nur den (auf den Namen des Frachtempfängers lautenden) Reisepaß, sondern außerdem auf der sogenannten Migrationskarte einen "heute" einschließenden
Registrierungsstempel und das rosa Zolldokument für die vorübergehende Fahrzeug-Einfuhr. Eine Begleitperson mit Moskauer Dauerwohnsitz ist (entgegen zeitweiser Vermutung der Werkstattbesatzung) zur Abholung der Sendung nicht erforderlich -
sehr wohl aber vorteilhaft, um diese ganzen Verfahrensschritte zu klären (denn für die Bürokratie-Fachbegriffe sind meine Russischkenntnisse dann doch etwas grenzwertig, von Volkers Russischkenntnissen ganz zu schweigen).
Also die nötigen Unterlagen zusammengesucht, um mit einem weiteren Tag Zeitbedarf ein weiteres Mal nach Moskau zu fahren (und dabei wie schon am Vortag einen Imbiß am Straßenrand einzunehmen).
Entsetzen nach dem Auspacken - jetzt ist's nach dem ganzen Gehampel erst nicht das richtige Teil (zumindest die Kabel sind anders).
Aber das kriegen wir auch noch hingebastelt, und dann kann's endlich weitergehen.
Übernachtung in einem Fernfahrer-Rasthaus bei Velikie Luki.
Bei Daugavpils kurz vor der Grenze zwischen Lettland und Litauen.
Der Tag beginnt mit einer schon wieder (zum wievielten Mal eigentlich?) streikenden DR, dieses Mal wegen einem weggegammelten Massekabel-Anschluß (wer weiß, vielleicht war das ja das eigentliche Problem und die anderen Ausfälle nur Folgesymptome?).
Aber so langsam haben wir Routine darin, auch sonntags die nötigen Schraubgelegenheiten und Teile zu finden ;-) Am südwestlichen Stadtrand von Warschau übernachten wir nochmal gemeinsam, und dann trennen sich unsere Wege für den letzten Heimfahrttag.
Ganz beendet ist die Geschichte damit aber noch nicht: im Mai 2009 schrieb Oleg, er sei ab übermorgen mal einfach so zwei Tage in Berlin. Als ich ihn per SMS wieder erreichte, war er aber schon wieder einige hundert Kilometer weiter ...
... in unmittelbarer Nähe meines Aufenthalts - und ließ sich wenigstens (wenn er schon am gleichen Abend wieder im nördlicheren Deutschland sein wollte) zu einem kurzen Kaffeebesuch überreden. Das war ein freudiges Wiedersehen :-)
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letzte Änderung 29. Sep 2013, 23:25:17